Der Viktorianische Kult um mumifizierte Körper begann mit der Entdeckung des Grabes des Tutanchamun im Jahr 1922 und dem damit einhergehenden Ägyptenfieber. Menschen in der Victorischen Ära waren von dem Gedanken fasziniert, die alten ägyptischen Traditionen und Geheimnisse zu entdecken, und so begannen sie, Mumien aus dem Nahen Osten zu importieren.
Diese Mumien wurden nicht nur als Kuriositäten betrachtet, sondern auch oft für medizinische Zwecke verwendet. Einige glaubten, dass die Mumienpulver als Heilmittel gegen Krankheiten wie Rheuma und Gicht wirken könnte. Es war jedoch nicht nur die angebliche medizinische Wirkung, die die Menschen anzog – die Ägyptische Mythologie und die Legenden um Leben nach dem Tod faszinierte die Menschen.
Ein berühmtes Beispiel für diesen Obsession war die „Mumienparty“ von Amelia Edwards, einer britischen Ägyptologin und Autorin. Sie war eine der ersten Frauen, die Ägypten bereiste und sich für die dortige Geschichte und Kultur interessierte. Bei einer ihrer Reisen brachte sie eine echte ägyptische Mumie mit nach Hause und veranstaltete eine Party, bei der ihre Freunde die Mumie bewundern konnten. Die Veranstaltung wurde zum Gesprächsthema in ganz Großbritannien und sorgte für große Aufregung.
Außerdem wurden Mumiensärge und andere ägyptische Artefakte zu Sammlerstücken für wohlhabende Briten. Diese Sammlerstücke wurden oft in ihren Häusern ausgestellt, um ihren sozialen Status zu zeigen und ihre Besucher zu beeindrucken. Es war eine Zeit, in der Menschen gerne mit exotischen Dingen prahlten und sich selbst als Abenteurer und Entdecker inszenierten.
Allerdings gab es auch eine dunkle Seite dieser Obsession. Menschen, die sich keine echten Mumien leisten konnten, begannen, Attrappen und Nachbildungen herzustellen. Diese wurden dann als Fälschungen verkauft und konnten sogar in Museen gelangen, ohne dass jemand von ihrem wahren Ursprung wusste.
Die Viktorianischen Mumien hatten auch einen großen Einfluss auf die Kunst und Literatur dieser Zeit. Bücher wie Bram Stokers „Dracula“ (1897) und H. Rider Haggards „She“ (1887) nahmen oft Bezug auf ägyptische Mythologie und die Idee des ewigen Lebens. Diese Geschichten fanden großen Anklang und beeinflussten viele andere Autoren in der viktorianischen Ära.
Mit dem Aufkommen der modernen Archäologie und der strengeren Regulierung des Handels mit ägyptischen Artefakten verblasste die Obsession mit den viktorianischen Mumien allmählich. Heute sind sie vor allem in Museen zu sehen, wo sie als Teil der Geschichte betrachtet werden, die dazu beitrug, die Welt der Ägyptologie und Archäologie zu formen.
Die viktorianischen Mumien mögen eine dunkle und seltsame Epoche in der Geschichte sein, aber sie zeigen auch das Interesse und die Neugier der Menschen an der Vergangenheit und an anderen Kulturen. Sie sind ein Beweis für den Forschergeist und die Abenteuerlust der Menschen in der viktorianischen Ära und werden daher immer einen besonderen Platz in der Geschichte Großbritanniens haben.