Don Abbondio wird als schwach und ängstlich beschrieben, was sich vor allem in seinem Verhalten gegenüber den Mächtigen und den Banditen zeigt. Er ist ein Priester in der Provinz und hat eine gewisse Machtstellung. Dennoch ist er nicht bereit, sich für das Richtige einzusetzen, wenn seine eigene Sicherheit gefährdet wäre.
Ein Beispiel für Don Abbondios Feigheit ist seine Reaktion auf den Versuch, Lucia zur Ehe mit dem Banditen Renzo zu zwingen. Anstatt sich für Lucia einzusetzen und ihr zu helfen, wählt er den Weg des geringsten Widerstands. Er gibt nach und stellt sein eigenes Wohl über das der unschuldigen Lucia. Don Abbondios Verhalten spiegelt die Unterdrückung und Ausbeutung wider, die in der Gesellschaft damals weit verbreitet waren.
Manzoni nutzt Don Abbondio auch als Kritik an der katholischen Kirche. Don Abbondio repräsentiert die schlechte Seite des Priestertums, die sich nicht für die Bedürfnisse und das Wohl der Gemeinde einsetzt, sondern sich selbst schützt und Vorteile aus der Situation zieht. Manzoni wollte mit Don Abbondio zeigen, dass die Kirche in jener Zeit oft korrupt und ethisch fragwürdig war.
Dennoch entwickelt sich Don Abbondio im Laufe der Geschichte etwas weiter. Er trifft auf den Kapuzinermönch Fra Cristoforo, der ihn dazu ermutigt, für das Richtige einzustehen und sich den Mächtigen entgegenzustellen. Don Abbondio wird in gewisser Weise zum Symbol für die Veränderung und Entwicklung, die die Gesellschaft in dieser Zeit durchlief.
Am Ende des Romans zeigt Don Abbondio eine gewisse Tapferkeit und den Willen, sich gegen die Obrigkeit aufzulehnen. Obwohl er immer noch ängstlich ist, trifft er eine mutige Entscheidung und tut das Richtige. Diese Veränderung in Don Abbondio zeigt die Hoffnung auf einen Wandel in der Gesellschaft und in der katholischen Kirche.
Don Abbondio in den Verlobten ist eine faszinierende Charakterstudie, die die Komplexität und Widersprüche des menschlichen Verhaltens aufzeigt. Manzoni gelingt es, mithilfe von Don Abbondio die sozialen, politischen und religiösen Zustände des 17. Jahrhunderts in Italien zu thematisieren und gleichzeitig auf universelle Fragen nach Mut und Selbstaufopferung einzugehen. Don Abbondio ist eine Erinnerung daran, dass selbst die Schwächsten und Feigsten die Möglichkeit haben, sich zu ändern und für das Richtige einzustehen.